Lanfer baut Drehscheibe für Chemielogistik

Pressebericht: eurotransport.de

Hermann Lanfer am Standort Hamm.
Matthias Rathmann Hermann Lanfer am Standort Hamm.

Hamm ist für Unternehmer Hermann Lanfer von besonderer Bedeutung. Dort startete er einst in die Selbstständigkeit. Und dort tätigt seine Firmengruppe, die er von seinem Vater übernahm, zurzeit das größte Investment der fast 100-jährigen Geschichte. So macht sich Lanfer Logistik am Datteln-Hamm-Kanal – nach Dortmund der zweitgrößte Kanalhafen Deutschlands – auf zum Sprung in die Zukunft.

Lanfer baut Containerterminal für 52.000 Ladeeinheiten

Auf seinem rund zehn Hektar großen Gelände baut der Chemielogistiker ein Containerterminal, das Maßstäbe setzt: 52.000 Ladeeinheiten kann das Unternehmen mit der neuen Anlage jährlich bewegen; aktuell sind es gut 3.000. Eine Besonderheit dabei: Die Anlage, die an Schiene, Wasserstraße und Straße angebunden ist, bietet Umschlag- und Lagermöglichkeiten für die von BASF entwickelten Groß-Tankcontainer (B-TC). Dafür wird sie in den nächsten Monaten mit einem Kran ausgestattet, der 75-Tonnen-Lasten schultern kann und einen voll­automatischen Betrieb ermöglicht. Anfang nächsten Jahres soll die Betreibergesellschaft des Terminals an den Start gehen, spätestens Mitte des Jahres der operative Betrieb starten.

Lanfer zufolge ist es das einzige öffentliche Logistikterminal, das auf den Umschlag der großen Behälter ausgelegt ist, die bis zu 73.500 Liter fassen. Die neuen Container, die auf speziellen Tragwagen auf der Schiene reisen, könnten sukzessive die bisherigen Kesselwagen ersetzen. Sie sind flexibler, weil sie an den Terminals gestapelt vorgehalten werden können. Es braucht dort auch keine weiteren Gleise wie für die Kesselwagen.

BASF betreibt in Ludwigshafen bereits ein vollautomatisches Lager für die B-TCs und bewegt sie auf dem Firmengelände auf autonom verkehrenden Fahrzeugen. Außerhalb des Geländes können sie – jedoch nur im leeren Zustand – auch per Lkw befördert werden. Lanfer ist überzeugt, dass die XXL-Container an Bedeutung gewinnen werden. Zugleich weist er aber darauf hin, dass das neue Terminal Einheiten jeder ­Größe umschlagen kann. "Das Gros werden zunächst konventionelle Container sein", prognostiziert er. Die geplante Anlage besteht aus drei Abschnitten, bietet ferner Lagerkapazität für mehr als 1.000 Gefahrgutcontainer und Kunden Zugang zu zahlreichen Mehrwertdiensten – seien es Ab- und Umfüllen beziehungsweise Mischen von Flüssigkeiten oder Reinigungen und Reparaturen am Container.

Lanfer Logistik stellt auch selbst Chemikalien her

Verantwortlich für diesen Bereich ist Lanfer-Geschäftsführer Dennis Egbers (38). Er erläutert, dass Lanfer auch selbst Chemi­kalien im Lohnbetrieb produziere. Zum Beispiel stellt das Unternehmen für einen Kunden in großen Mengen Enteisungsmittel her, das im Winter an Flughäfen zum Einsatz kommt. Bis zu 50.000 Tonnen davon kann Lanfer in Hamm auf seinen Anlagen produzieren.

Neben Enteisungsmitteln schlägt der Lanfer-Standort Hamm unter anderem in großem Stil Adblue um, lagert es ein und befüllt Kanister, Fässer und IBCs. Anschließend übernehmen Partner die Beförderung per Lkw auf Paletten zum Handel. Oder die Mitarbeiter im Hamm löschen ein Schiff mit Ethanol und befördern die Flüssigkeit, die in der Corona­zeit dringend zur Herstellung von Desinfektionsmitteln benötigt wird, mit Tankcontainern per Bahn und Lkw zur Kundschaft. Die Verantwortlichen bei Lanfer können viele weitere Beispiele nennen und sehen das Potenzial des Standorts. Der Plan: Hamm zu einer bedeutenden Chemielogistikdrehscheibe in Deutschland zu entwickeln.

Hamm sei verkehrsgünstig an der A 1 und A 2 gelegen und verfüge über Bahnanschlüsse in alle Richtungen, erklärt Michael Kirschner (46), Geschäftsführer des Lanfer-Bereichs Intermodal. "Die trimodale Anbindung ist ideal", lobt Kirschner, der auf Erfahrungen bei der Bahn, Duisport und anderen Logistikunternehmen zurückblicken kann und vor zwei Jahren zu Lanfer kam, um den Intermodalbereich auszubauen. Für Lkw-Fahrer sei das Terminal ebenfalls eine gute Adresse. Es sei groß genug, damit sie ihre Lkw vor Ort parken und die Sozialräume nutzen könnten.

Lanfer Logistik investiert zweistelligen Millionenbetrag

Die Investition im zweistelligen Millionenbereich ist für das Logistikunternehmen Lanfer eine Weichenstellung. "Sie ist eine strategische Entscheidung. Wir öffnen uns weiter in Richtung logistische Dienstleistungen und zeigen, dass wir als Dienstleister an der Schnittstelle von der Straße zu Schiene und Wasserstraße das komplette Portfolio anbieten", sagt Hermann Lanfer. Sein Unternehmen beschäftigt an einem halben Dutzend operativer Standorte mehr als 1.100 Mitarbeiter und setzt jährlich mehr als 200 Millionen Euro um.

Der Blick über die Straße hinaus ist dem 55-Jährigen wichtig. Bis vor 15 Jahren sei Lanfer eine reine Lkw-Spedition gewesen. Dann habe man sich intensiv mit den Möglichkeiten auf der Schiene auseinandergesetzt und durch Übernahmen und Beteiligungen den Grundstein für ein konsequentes Engagement auf der Schiene gelegt. "Unsere anspruchsvolle Kundschaft aus der Chemieindustrie erwartet von uns, dass wir ihr sinnvolle Alternativen aufzeigen", erzählt Lanfer. Mit Blick auf die Klimadiskussion sei dies der richtige Kurs gewesen.

Etwa 40 Prozent seiner Verkehre wickelt das Unternehmen bereits per Bahn ab. "Wir können auf der Schiene deutlich schneller wachsen als auf der Straße", sagt Lanfer. Dass er dennoch eine Flotte von mehr als 600 ziehenden Einheiten betreibt, ist für ihn kein Widerspruch, werden die Lkw doch für den Vor- und Nachlauf gebraucht; und es kommt zunehmend auf die Vernetzung der Verkehrsträger an. "In unserem Haus gibt es keine Rivalität zwischen Straße und Schiene", sagt Lanfer.

Seine Geschäftsführer für die jeweiligen Bereiche bestätigen dies. Tobias Ewers (32) ist der Chef der Straßenaktivitäten, Michael Kirschner des Intermodalbereichs. Sie teilen sich ein Büro, was in der Praxis gut funktioniert, ohne dass es zu Reibereien kommt. Weil die Chemie stimmt, wächst das Verständnis füreinander. Gemeinsam knüpfen die Spartenchefs mit ihren Leuten Lieferketten, die Straße, Schiene und Wasserstraße bestmöglich kombinieren.

Quelle: www.eurotransport.de

Autor: Matthias Rathmann

Hermann Lanfer im Porträt

Seine Mission: die Schiene stärken

Hermann Lanfer ist der neue Vorsitzende des Kombiverkehr-Verwaltungsrats – was den Unternehmer antreibt und wo er Akzente setzt.

Ihn muss man nicht erst überzeugen, Erfahrungen auf der Schiene zu sammeln: Hermann Lanfer ist aus Umwelt- und Klimagründen ein Verfechter des Kombinierten Verkehrs (KV). Jeder Verkehrsträger habe seine Stärken. Eine intelligente Verknüpfung ist für ihn daher das Gebot der Stunde. Es dürfe kein Gegeneinander von Straße und Schiene geben, warnt der geschäftsführende Gesellschafter von Lanfer Logistik, dessen Firmengruppe mehr als 600 eigene Zugmaschinen und mehr als 5.000 Tankcontainer im Einsatz hat. Angesichts des erwarteten Mengenwachstums sei genug für alle da, betont er. Dass aktuell etwas weniger zu befördern ist, hält Lanfer für ein vorübergehendes Phänomen. "Auch die Abwanderung auf die Straße aufgrund des Preisdrucks ist temporär", sagt er.

Lanfer Logistik seit 15 Jahren auch auf der Schiene

Seit anderthalb Jahrzehnten bewegt sich sein Unternehmen im Intermodalverkehr. Dabei verbindet es die wichtigen Chemiestandorte Europas. Aber auch innerdeutsch nutzt der Chemielogistiker intensiv die Schiene – unter anderem durch eigene Company-Trains. Für einen Intermodalpartner setzt sich Lanfer besonders ein: für den Operateur Kombiverkehr aus Frankfurt. Seit mehr als zehn Jahren gehört er dem Kreis der Kommanditisten und seit sechs Jahren dem Verwaltungsrat an. Ende Juli nun wählte ihn das Gremium zum Vorsitzenden und zum Nachfolger von Gudrun Winner-Athens, die das Gremium seit 2002 geführt hatte.

"Kombiverkehr ist eine über 50-jährige Erfolgsgeschichte, und meine Vorgänger haben eine tolle Arbeit geleistet", lobt Hermann Lanfer. Der 55-Jährige, der den Chemielogistiker aus Meppen in dritter Generation leitet, ist überzeugt, dass die Voraussetzungen nie besser waren, um Güter auf die Schiene zu bringen. Wie bei Kombiverkehr – dem größten Einzelkunden der Deutschen Bahn – gibt es auch beim Kombiverkehr-Komplementär DB Cargo neue Köpfe an der Spitze. "Wir erleben die Bahn im Aufbruch", sagt Lanfer und fühlt sich durch Gespräche mit DB-Cargo-Chefin Dr. Sigrid Nikutta und DB-Cargo-Vertriebsvorstand Pierre Timmermans in seiner Einschätzung bestätigt.

Lanfer: Dem Kombinierten Verkehr neue Impulse geben

"Wir sehen die große Chance, gemeinsam mit dem neuen Management der Bahn dem Kombinierten Verkehr neue Impulse zu geben", sagt er. Die von Nikutta vorgestellte neue Strategie, die auf Logistikketten und Digitalisierung setzt, hält Lanfer für richtig. "Übernimmt die Bahn die Langstrecke, ist das eine sinnvolle Arbeitsteilung mit uns überwiegend mittelständischen Spediteuren."

Was der neue Chef des Kombi­verkehr-Verwaltungsrats aber dringend anmahnt, sind politische Weichenstellungen: ein klares Bekenntnis zur Schiene und entsprechende Fördermittel. Lanfer denkt an eine Anschubfinanzierung für Firmen, die sich erstmals mit dem KV auseinandersetzen. "Man muss den Unternehmern, die das System nicht kennen, die Ängste vor Risiken nehmen", erklärt er. Für kontraproduktiv hält Lanfer die bis 2023 gewährte Mautbefreiung von Gas-Lkw in Deutschland. Im Gegenzug fordert er eine Mautbefreiung auf den Vor- und Nachläufen im KV.

Respekt vor der neuen Aufgabe habe er schon, räumt Lanfer ein. "Das macht man nicht so einfach im Nebenjob." Möglich sei dies nur, weil sich mit Tobias Ewers, ­Michael Kirschner und Dennis Egbers in seinem Unternehmen Geschäftsführer um die relevanten Sparten Straße, Intermodal und Mehrwertdienste kümmern – auch wenn der Chef nicht zur Stelle, sondern bei Sitzungen oder Gesprächen mit Vertretern der Bahnanbieter ist.

Zur Person

Er selbst verkörpert die dritte Generation des Familien­unternehmens. Doch auch die vierte Generation ist bei Lanfer Logistik schon am Start. Firmenchef Hermann ­Lanfer (55) hat sechs Kinder, wovon drei bereits in der Ausbildung im Unternehmen sind.

Zum Standort Hamm hat Hermann Lanfer eine besondere Verbindung: Dort machte er sich selbstständig, als er einen Betrieb mit neun Lkw erwarb. Nach und nach übernahm er von seinem Vater die Geschäfte bei Lanfer.

Hermann Lanfer absolvierte Ausbildungen zum Kfz-Mechaniker und zum Speditionskaufmann, studierte BWL an der DAV in Bremen und war unter anderem bei Kühne + Nagel in Vancouver tätig, ehe er in das Familienunternehmen zurückkehrte.

Quelle: www.eurotransport.de

Autor: Matthias Rathmann

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